Das Bild zeigt Prof. Georg Cremer (2.v.l.) mit (v.l.) Stefanie Burke-Hähner (AWO), der Heidelberger Sozialbürgermeisterin Stefanie Jansen, Susanna Re und Birgit Grün (Caritas) sowie Martin Heß (Diakonie)
"Sozial ist, was Menschen schützt und stärkt". Unter diesem Motto referierte der renommierte Armutsforscher Georg Cremer am 10. Oktober in Heidelberg. Die Liga der freien Wohlfahrtspflege hatte Cremer zu dieser Veranstaltung im Rahmen der Aktionswoche gegen Armut und Ausgrenzung in die Stadt an den Neckar eingeladen.
Susanna Re, Liga-Sprecherin und Geschäftsführerin des Caritasverbands, versprach sich von Cremer anregende Gedanken nicht nur für die Arbeit der Wohlfahrtsverbände, die in der Liga zusammengeschlossen sind, sondern auch für die Sozialpolitik der Stadt Heidelberg. Deren Sozialbürgermeisterin, Stefanie Jansen, schloss sich in ihrem Grußwort diesen Überlegungen an und fragte, was Menschen in einer Stadt wie Heidelberg schützen könne - auch und gerade angesichts der andauernden Corona-Zeit und der Folgen des Ukraine-Krieges, die viele Menschen jetzt zu spüren bekämen.
In seinem dreiviertelstündigen Vortrag stellte Cremer Thesen vor, die er 2021 in seinem Buch "Sozial ist, was stark macht" entfaltet hat. Umverteilung sei und bleibe ein wichtiges Prinzip der Sozialpolitik. "Umverteilung reicht nicht aus, um Menschen stark zu machen", so Cremer, der von 2000 bis 2017 Generalsekretär des Deutschen Caritasverbandes war. "Durch Umverteilung versorgt der Sozialstaat die Menschen, aber stärkt sie nicht."
Cremer fordert darum eine Politik der Befähigung. Freiheit und Teilhabemöglichkeiten von einzelnen hingen nicht nur von den materiellen Ressourcen ab, sondern auch von anderen Faktoren wie zum Beispiel Bildung. In Deutschland seien die Bildungschancen immer noch zu sehr an die Herkunft geknüpft. Gerecht sei eine soziale Ordnung erst dann, wenn Menschen zur Teilhabe am gesellschaftlichen Prozess in all seinen Facetten, an Bildungschancen, demokratischen Mitwirkungschancen und den Chancen, die der Arbeitsmarkt bietet, umfassend befähigt werden.